Presse Hohenloher Tagblatt : 22.04.2015
Immer noch ein guter “Feger”
Birkenbesen kehren besser. Das wusste man früher. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Waldbegegnungen 2015” haben interessierte Teilnehmer jetzt das Besenbinden nach alter Väter Sitte gelernt.
Die Zweige sind sortiert, die feinen Triebe abgeschnitten. Mehrere Ruten, dickere und dünnere, werden als Strang in beiden Händen gehalten. “Und jetzt fest flechten wie einen Hefezopf”, leitet Forstwirt Rudolf Rößner die Gruppe an. Fünf Männer und Frauen sind mit Elan bei der Sache. Sie drehen, wenden, flechten. Daraus sollen im Lauf des Nachmittags Besen werden. Birkenbesen, hergestellt nach alter Väter Sitte. Alle Teilnehmer wissen aus Erfahrung, dass diese gute Dienste leisten. Ort des Geschehens ist die Grünfläche bei der Pflanzschulhütte zwischen Stiershof und Hohenhardtsweiler auf der Gemarkung Oberrot.
Revierförster Martin Vogel ist mit von der Partie. Er ist im Landkreis Hall für Waldpädagogik und Waldnaturschutz zuständig. Das Programm für kleine und große waldinteressierte Menschen mit dem Titel “Waldbegegnungen 2015” hat er mit konzipiert. Die Broschüre enthält viele interessante Angebote, vom Spielenachmittag über einen Wild-Kochkurs bis hin zur Waldweihnacht am 20. Dezember.
“Wir wollen zeigen, dass ein Wald mehr ist als eine Ansammlung von Bäumen”, sagt Revierförster Vogel und zählt Funktionen wie Lebensraum, Arbeitsplatz, Erholungsort auf. “Und was man im Wald alles machen kann”, fügt Forstwirt Rößner an. Aber immer gelte es darauf zu achten, dass der Bezug zur Natur nicht verloren geht. In heutiger Zeit sei es schwierig, einen Konsens zwischen allen Nutzern herzustellen.
Birken wachsen schneller als andere Waldbäume, erklärt Martin Vogel. Sie seien nützlich, weil sie anderen Baumarten Schutz bieten. Werden sie gestutzt, damit sie nicht überhandnehmen, fällt Birkenreisig an. Die Ernte ist an diesem Nachmittag schon eingebracht. Dennoch bleibt viel zu tun. Mindestens drei der fest verflochtenen Büschel werden nun mit Draht fest zusammengezurrt. Die Arbeit erleichtert ein Besenmacherstuhl. Schließlich wird noch der Haselnuss-Stiel eingefügt – und fertig ist der Birkenbesen. Eigentlich sei man mit dieser Aktion viel zu spät dran, entschuldigt sich Vogel. Besser geeignet sei das frühe Frühjahr, wenn die Zweige weich und elastisch sind. Aber dann hätte man möglicherweise frieren müssen.
Alle Teilnehmer sind sehr interessiert am alten Handwerk. Wilhelm Ernst aus Fichtenberg hat einen großen, stiellosen Birkenbesen mitgebracht. Seit 50 Jahren sei dieser in Gebrauch, erzählt er, und immer noch ein guter Feger. Johanna Karle aus Finsterrot erinnert sich daran, dass der letzte Besen ihres Vaters ein kleiner Hexenbesen für die Enkelin gewesen sei. Beim Schindelmachen kennt sich Bernhard Merkle aus Ammertsweiler aus. Jetzt will er auch ans Besenmachen ran. Ralf Müller aus Schlechtbach fertigt dekorative Weidenkugeln und denkt ergänzend an hübsche Besen. Beate Kammann ist einfach gern draußen in der Natur. Es geht recht unterhaltsam zu beim Besenbinden. Und lustigerweise können sogar noch zufällig erkannte Verwandtschaftsverhältnisse aufgeklärt werden.